Neues Funktionsprinzip steigert Arbeitssicherheit in der Endodontie

· OTR-Sicherheitsfunktion optimiert maschinelle WK-Aufbereitung

In den vergangenen Jahren wurde die endodontische Praxis um einige Innovationen bereichert, zu denen auch die neue Sicherheitsfunktion OTR (Optimum Torque Reverse) gehört. OTR optimiert die Arbeitssicherheit im Rahmen der rotierenden maschinellen Wurzelkanalaufbereitung. Die Funktionsweise erscheint einfach: Im Gegensatz zu anderen Systemen benötigt OTR zur permanenten Kontrolle des Drehmomentes während der Aufbereitung nur eine vergleichsweise kleine Winkeldrehung der Feile – was das Risiko eines Feilenbruches minimiert. Dies hilft, die natürliche Zahnsubstanz zu schonen. Die neue Funktion erweitert damit nicht nur das modulare Endodontie-System DentaPort ZX Set OTR (Morita), sondern gibt dem Behandler ein hilfreiches Feature für die maschinelle WK-Aufbereitung an oder besser in die Hand.


Die maschinelle WK-Aufbereitung stellt hohe Anforderungen an den Behandler und seine  Instrumente: Die Wurzelkanalwand muss vollständig bearbeitet und der Kanal zum Zwecke der Spülung und zur späteren Obturation adäquat geformt werden. Zu beachten ist, dass der originäre Wurzelkanalverlauf beibehalten wird und keine unerwünschten Begradigungen stattfinden 1, 2, 3, wobei insbesondere stark gekrümmte Kanäle eine Herausforderung darstellen. Nicht zu vernachlässigen sind Aspekte der Arbeitssicherheit: Unter anderem sollte das Risiko für Instrumentenfrakturen im Wurzelkanal möglichst gering gehalten werden – denn Faktoren wie die Stärke der Kanalkrümmung, die Drehzahl der rotierenden Feile sowie deren Drehmoment können das Feilenbruchrisiko erhöhen [4, 5, 6]. Hierbei ist der Einsatz eines maschinellen Endodontiesystems sinnvoll, das aus Sicherheitsgründen mit einer (variablen) Drehmomentbegrenzung ausgestattet ist. Optimierungen wie diese ermöglichen zudem ein genaueres Arbeiten, da sie helfen, potentielle Fehlerquellen zu minimieren. Denn ein präzises Arbeiten ist elementar für den Behandlungserfolg; zu empfehlen ist daher die Anwendung eines Mikroskops oder zumindest einer Lupenbrille mit ausreichender Vergrößerung [7, 8, 9].

OTR im Praxiseinsatz – eine kleine, aber feine Innovation

Im Wesentlichen beruht die OTR-Funktion auf dem auch bei vergleichbaren Endodontie-Motoren etablierten Prinzip, bei dem das auf die Feile wirkende Drehmoment automatisch gemessen wird. Die resultierenden Werte dienen als Basis für die Steuerung der Feilenrichtung (= drehmomentprovozierte Drehrichtungsreversion). OTR benötigt zur Kontrolle des Drehmomentes im Vergleich zu anderen Sicherheitsfunktionen jedoch nur eine kleine Winkeldrehung der Feile; ein Vorteil, der das Risiko eines Feilenbruchs zusätzlich minimiert. Im praktischen Einsatz arbeitet die Feile zunächst kontinuierlich in Schneidrichtung (mit einer Drehung von 180°). Beim Erreichen des vorab im Torque Setting festgelegten Drehmomentes kommt OTR ins Spiel: Die Funktion sorgt für eine Änderung der Drehrichtung und entlastet so die Feile. Nach einer Rückdrehung von nur 90° – auch dabei überwacht das System das Drehmoment – dreht die Feile wieder in Schneidrichtung weiter. Dadurch wird die kürzest mögliche Unterbrechung der Aufbereitung erreicht. Dieser Zeitgewinn geht jedoch nicht auf Kosten der Sicherheit: Sollte auch bei der Rückdrehung ein zu großes Drehmoment gemessen werden, dreht sich die Feile über die 90° hinaus weiter entgegen der Schneidrichtung, bis sie sich wieder in einem sicheren Zustand befindet.

Die damit einhergehende Optimierung der Schneideffektivität liegt auf der Hand: Da der Torque Reverse erst dann aktiviert wird, wenn das vorab eingestellte Drehmoment erreicht wird, arbeitet die Feile bei OTR überwiegend in Schneidrichtung und transportiert das Debris effektiv nach koronal ab. Laut dem Hersteller können mithilfe von OTR ca. 70 % der Kanalaufbereitung kontinuierlich rotierend erfolgen, während die Feile sich nur in ca. 30 % der gesamten Aufbereitungssequenz entgegen der Schneidrichtung dreht [10].

Weitere Sicherheitsfeatures optimieren die Therapie

Wie die Gerätebezeichnung vermuten lässt, wurde die OTR-Funktion in das Mess- und Aufbereitungssystem DentaPort ZX Set OTR des Herstellers Morita integriert. OTR optimiert die Arbeitssicherheit nicht allein, sondern wird von weiteren Automatik- und Sicherheitsfunktionen flankiert. Hierzu gehört eine Funktion, welche die Feile automatisch startet, sobald sie in den Wurzelkanal eindringt – und sie beim Herausnehmen aus dem Wurzelkanal stoppt (Auto Start/Stop). Gegenüber anderen Systemen kommt DentaPort ZX Set OTR mit sehr geringen Antriebsmomenten aus, was neben der Belastung auch den Verschleiß der Feilen minimiert. Die Drehzahl hat unter anderem Einfluss auf die Frakturanfälligkeit von Nickeltitanfeilen, weshalb OTR mit Drehzahlen von 100-500 U/Min. in drei Stufen arbeitet [11].

Minimalinvasiv zum Behandlungsziel

In Bezug auf eine möglichst minimalinvasive Therapie ist die Anwendung der OTR-Funktion hilfreich, da sie bei gekrümmten Wurzelkanälen für ein zyklisches Drehverhalten der Feile sorgt. Zwar erhöht sich zu Beginn einer starken Kanalkrümmung der Reibungswiderstand zunächst nur in geringem Maß, doch bereits hier erzwingt OTR eine Drehrichtungsumkehr und fördert so eine sanfte Auf- und Abbewegung der Feile – die dadurch besser dem Kanalverlauf folgt (da konventionelle Endodontie-Motoren mit Umdrehungsmaxima von bis zu 360° arbeiten, verursachen sie bei der Aufbereitung gekrümmter Wurzelkanäle eher Begradigungen und Stufen). Abschließend soll kurz auf den ökonomischen Effekt der Feilenbruchminimierung eingegangen werden: DentaPort ZX Set OTR benötigt nur eine bis maximal drei Feilen für die sichere Aufbereitung [12], wobei alle gängigen Feilensysteme außer dem Reciproc-System verwendet werden können.

Das modulare Endodontie-System DentaPort ZX Set OTR besteht aus unterschiedlichen Komponenten: Das Grundmodul bildet der Apex Lokator DentaPort Root ZX – der als eigenständiges Gerät nicht zwingend auf ein anderes Modul angewiesen ist. Zur gleichzeitigen Aufbereitung ist DentaPort Root ZX um das DentaPort ZX TriAuto OTR (Motor) erweiterbar. Darüber hinaus kann der Anwender auch noch ein Polymerisations-Handstück DP-VL anschließen (das Polymerisations-Handstück lässt sich bequem gegen das Winkelstück tauschen). Die Polymerisationslampe zeichnet sich unter anderem durch einen sehr kleinen Kopf für eine gute Erreichbarkeit der Molaren aus und erleichtert so beispielsweise den adhäsiven Verschluss der Zugangskavität.

Fazit

Mit Blick auf die anfangs genannten Herausforderungen ist neben der korrekten Indikationsstellung und anatomischen Gegebenheiten auch das ideale Arbeitsgerät elementar für eine erfolgreiche endodontische Therapie. Die neue OTR-Funktion ermöglicht dem Behandler, bei der maschinellen WK-Aufbereitung mit optimierten Drehwinkeln und einem gleichzeitig minimierten Feilenbruchrisiko zu arbeiten – sowohl in Schneid- als auch in Rückdrehrichtung. Innovative Funktionen wie diese helfen der modernen Praxis, die Arbeitsschritte im Rahmen anspruchsvoller Wurzelkanalbehandlungen zu optimieren und letztlich mit Erfolg zu meistern.

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. Dr. h. c. Andrej M. Kielbassa
Zentrum für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Universität für Zahnmedizin, Danube Private University (DPU)
Steiner Landstraße 124
3500 Krems
Österreich


Literatur

1 Briseno M: Einfluss verschiedener Wurzelkanalinstrumente bzw. Aufbereitungstechniken auf die Präparation gekrümmter Wurzelkanäle. Endodontie 1992; 1: 279-290

2 Europäische Gesellschaft für Endodontologie: Qualitätsrichtlinien endodontischer Behandlungen. Endodontie 2006; 15: 387-401

3 Weine FS, Kelly RF, Lio PJ: The effect of Preparation Procedures on original canal shape and on apical foramen shape; J Endod 1975; 1: 255

4 Gambarini G: Rationale for the use of low-torque endodontic motors in root canal instrumentation. Endod Dent Traumatol 2000; 16: 95-100

5 Gambarini G: Cyclic fatigue of nickel-titanium rotary instruments after clinical use with low- and high-torque endodontic motors. J Endod 2001; 27: 772-774

6 Yared GM, Bou Dagher FE, Machtou P, Kulkarni GK: Influence of rotational speed, torque and operator proficiency on failure of Greater Taper files. Int Endod J 2002; 35: 7-12

7 Baldassari-Cruz, LA, Lilly, JP, Rivera, EM: The influence of dental operating microscope in locating the mesiolingual canal orifice. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol Endod 2002; 93: 19

8 Bargholz C, Hör D, Zirkel C: Praxisleitfaden Endodontie 2006

9 Schäfer E, Zapke K: Schäfer E, Zapke K: A comparative scanning electron microscopic investigation of the efficacy of manual and automated instrumentation of root canals. J Endod 2000; 26: 660-4

10 Herstellerangaben, J. Morita Europe GmbH, Dietzenbach

11 Dietz DB, Di Fiore PM, Bahcall JK, Lautenschlager EP: 2000 Effect of rotational speed on breakage of nickel-titanium rotary files. J Endod 2000, 26: 68-71

12 Kum KY, Spångberg L, Cha BY, II-Young J, Seung-Jong L, Chan-Young L: Shaping ability of three ProFile rotary instrumentation techniques in simulated resin root canals. J Endod 2000; 26: 719-723

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