Fachbeitrag: Neue OTR-Funktion unterstützt Arbeitssicherheit in der Endodontie

· Innovative Funktion für die maschinelle WK-Aufbereitung

Für die rotierende maschinelle Wurzelkanalaufbereitung wurde auf der diesjährigen IDS ein modulares Mess- und Aufbereitungssystem mit OTR-Funktion vorgestellt. Optimum Torque Reverse (OTR) beruht auf dem Prinzip der drehmomentprovozierten Drehrichtungsreversion. Das aus messtechnischer Sicht Besondere an OTR ist, dass hier im Gegensatz zu anderen Systemen für die automatische permanente Kontrolle des Drehmomentes während der Aufbereitung nur eine sehr kleine Winkeldrehung der Feile benötigt wird. Dies reduziert das Risiko des Feilenbruches und hilft, die natürliche Zahnsubstanz zu schonen. OTR ist damit ein geeignetes Hilfsmittel, den Anforderungen an die Ansprüche zeitgemäß durchgeführter endodontischer Maßnahmen gerecht zu werden.


Die Endodontie nimmt in der heutigen Zahnmedizin eine wichtige Rolle ein. Sie bildet das Rückgrat vieler zahnmedizinischer Fachrichtungen, denn mit ihr kann ein Zahn wirksam und dauerhaft erhalten werden. Die demografische Entwicklung belegt, dass unsere (zahnärztlichen) Patienten, deren eigene Zähne möglichst lange erhalten werden sollen, immer älter werden.

Im Rahmen der Wurzelkanalaufbereitung werden hohe Anforderungen an „Mensch und Material“ gestellt: Die Wurzelkanalwand muss vollständig bearbeitet und der Wurzelkanal zur Spülung und zur späteren Obturation adäquat geformt werden. Der Erhalt der apikalen Konstriktion muss ebenso gewährleistet sein wie das Vermeiden von Überstopfen des Debris7. Nicht zu vernachlässigen sind Aspekte der Arbeitssicherheit mit möglichst geringem Risiko für Instrumentenfrakturen im Wurzelkanal und dem Vermeiden einer Via Falsa3,19. Dazu ist für die Vorbereitung des Zahnes bereits die Anlage der Zugangskavität entscheidend, denn sie hat neben dem Erhalt von möglichst viel gesunder Zahnhartsubstanz und genügender Retention für die provisorische Restauration das Ziel, einen ausreichenden, direkten Zugang zu den Wurzelkanälen zu schaffen13, 14, 15, 16 .

Der Erfolg einer Wurzelkanalbehandlung wird nicht zuletzt durch eine wirksame Infektionskontrolle und ein standardisiertes Behandlungsprotokoll erreicht5 . Aufbereitung und Reinigung/desinfizierende Spülungen über die gesamte Arbeitslänge ergänzen sich hierbei gegenseitig, so dass heute zur Ermittlung der korrekten Aufbereitungslänge Endometriegeräte unentbehrlich sind. Präzision ist wichtig für einen optimal aufbereiteten Wurzelkanal, weshalb die Anwendung eines Mikroskops (oder zumindest einer Lupenbrille mit ausreichender Vergrößerung) ebenso hilfreich ist wie der Einsatz eines maschinellen Endodontiesystems, das unter dem Aspekt der Sicherheit mit (variabler) Drehmomentbegrenzung ausgestattet ist1, 2, 18 . Schließlich haben u. a. die Stärke der Kanalkrümmung, die Drehzahl während der Aufbereitung sowie das Drehmoment Einfluss auf das Risiko eines Feilenbruches8, 9, 21.

Maschinelle Aufbereitung mit OTR-Funktion

Für maschinelle Aufbereitungshilfen stehen auf dem Dentalmarkt verschiedene Systeme mit unterschiedlichen Arbeitsweisen zur Verfügung. Ein Gerät, das den genannten Anforderungen weit entgegenkommt, ist das System DentaPort ZX Set OTR. Neu an dem seit mehr als zehn Jahren auf dem Dentalmarkt angebotenen Mess- und Aufbereitungssystem DentaPort ZX ist seine OTR-Funktion (Optimum Torque Reverse). Die OTR-Funktion beruht grundsätzlich auf dem auch bei anderen modernen Endomotoren etablierten Prinzip, bei denen das auf die Feile wirkende Drehmoment automatisch gemessen wird. Auf Grundlage der gemessenen Belastungswerte der Feile erfolgt dann die Steuerung der Feilenrichtung (= drehmomentprovozierte Drehrichtungsreversion). Allerdings wird bei OTR im Gegensatz zu anderen Systemen für die permanente Kontrolle des Drehmomentes während der Aufbereitung messtechnisch nur eine sehr kleine Winkeldrehung der Feile benötigt, was das Risiko eines Feilenbruchs nochmals reduziert.

In der Praxis schneidet die Feile deshalb ohne Belastung kontinuierlich mit einer  Drehung von 180°. Beim Erreichen des zu Beginn der Behandlung festgelegten Drehmoments entlastet OTR die Feile, indem sich umgehend die Drehrichtung ändert. Nach einer Rückdrehung von nur 90° (übrigens überwacht das System auch in der Rückdrehung das Drehmoment messtechnisch) kehrt sie wieder in Schneidrichtung zurück.

Eine Rückdrehung von lediglich 90° ist insbesondere deshalb sinnvoll, weil dadurch die kürzest mögliche Unterbrechung der Aufbereitung erreicht wird. Was aber ist, wenn auch nach der Rückdrehung noch ein zu großes Drehmoment gemessen wird? Dann dreht sich bei OTR die Feile über die einmaligen 90° hinaus weiter entgegen der Schneidrichtung, bis sie sich wieder in einem sicheren Zustand befindet. Hier steht also die Sicherheit über dem Zeitgewinn.

Da die Schneidleistung in der oben beschriebenen 180°-Umdrehung erst dann in den Torque Reverse geht, wenn das im Torque Setting eingestellte Drehmoment erreicht wird und ansonsten die Feile in Schneidrichtung immer weiter arbeitet, wird die Feile mit dem Funktionsprinzip von OTR überwiegend in Schneidrichtung angetrieben und das Debris nach koronal abtransportiert. Deshalb hat das OTR-Prinzip eine hohe Schneideeffektivität. Untersuchungen des Herstellers zufolge kann mit der OTR-Funktion ca. 70 % der Kanalaufbereitung kontinuierlich rotierend erfolgen, während die Feile sich nur in ca. 30 % der gesamten Aufbereitungssequenz revertierend dreht11.

Weitere Features bezüglich Arbeitssicherheit

In puncto Arbeitssicherheit integriert das Gerät weitere Automatik- und Sicherheitsfunktionen. Dazu gehört, dass die Feile, sobald sie in den Wurzelkanal eindringt, die Rotation startet. Beim Herausnehmen aus dem Wurzelkanal stoppt die Feile automatisch. Ebenso stoppt sie beim Erreichen des zuvor eingestellten Referenzpunktes, was dem Aufbereitungsvorgang zusätzliche Sicherheit verleiht. Daneben hat auch die Drehzahl einen maßgeblichen und proportionalen Einfluss auf die Frakturanfälligkeit von Nickeltitanfeilen – je geringer die Drehzahl, desto geringer ist die Frakturgefährdung6. OTR arbeitet deshalb mit 100-500 U/Min. in drei  Stufen.

Die interne Feilenelektrode unterliegt einem kontinuierlichen Verschleiß. Deshalb muss sie nach ca. 100 Betriebsstunden (Rotationszeit) erneuert werden. DentaPort gibt zu diesem Zeitpunkt selbsttätig einen akustischen Hinweis. Sowohl die interne als auch die externe Feilenelektrode können leicht durch den Zahnarzt oder das geschulte Praxispersonal erneuert werden.

Mit zunehmendem Verschleiß des Winkelstückes nimmt der Reibungsverlust des Getriebes zu. Dies kann Auswirkungen auf die Genauigkeit der Torque-Kontrolle haben. Um dies zu vermeiden, kann mit der Torque-Calibration-Funktion der Reibungswiderstand des Winkelstückes ermittelt und das Gerät entsprechend kalibriert werden.

Unterstützung einer minimalinvasiven Behandlung

Das Ziel der endodontischen Aufbereitung ist die instrumentelle Erweiterung und Ausformung des Wurzelkanals – und zwar nur soweit, dass der originäre Wurzelkanalverlauf beibehalten wird und zum Zweck der Spülung und Obturation zwar eine Formgebung des Wurzelkanals, gleichzeitig aber keine unerwünschten Begradigungen stattfinden4, 7, 20. Besonders stark gekrümmte Kanäle stellen in diesem Zusammenhang eine Herausforderung dar. Hier ist die Anwendung der OTR-Funktion hilfreich, da es mit OTR bei gekrümmten Wurzelkanälen zu einem zyklischen Drehverhalten der Feile kommt: Obwohl sich zu Beginn einer starken Kanalkrümmung der Reibungswiderstand zunächst nur in geringem Maß erhöht, kommt es mit OTR aufgrund der defensiv niedrigen Triggerwerte für das Drehmoment bereits zu einer Drehrichtungsumkehr. Das führt zu einer sanften Auf- und Abbewegung der Feile, die dadurch besser dem Kanalverlauf folgt. Konventionelle Endomotoren arbeiten dagegen mit Umdrehungsmaxima von bis zu 360° und verursachen damit bei der Aufbereitung gekrümmter Wurzelkanäle eher eine Stufenbildung.

Modularität des Systems

Das Grundmodul des DentaPort Systems ist ein Apexlokator (DentaPort Root ZX), der als ein eigenständiges Tischgerät nicht zwingend auf ein anderes Modul angewiesen ist. Es lässt sich aber mit dem Endomotor DentaPort TriAuto OTR (der zwingend das Root ZX benötigt) sowie dem Polymerisationshandstück DP-VL, das im Wechsel mit dem Motorhandstück angeschlossen werden kann, sinnvoll erweitern. Der Vorteil eines modularen Systems besteht darin, dass man seine Ausstattung individuell den eigenen Anforderungen anpassen kann. So lässt sich beispielsweise das Polymerisationshandstück gegen das Motorhandstück auf einfache Weise tauschen. Damit steht dem Behandler unmittelbar eine Polymerisationslampe mit einem sehr kleinen Kopf für eine gute Erreichbarkeit der Molaren (und beispielsweise den adhäsiven Verschluss der Zugangskavität) zur Verfügung.

Optimierung des Workflow

Die Optimierung des Workflow und die Wirtschaftlichkeit von Behandlungen (z. B. in Bezug auf Materialschonung und Behandlungszeit) werden in der Zahnmedizin von heute immer wichtiger. Unter diesem Aspekt bietet DentaPort ZX Set OTR den Vorteil, dass nur eine bis maximal drei Feilen für die sichere Aufbereitung benötigt werden12. Außerdem können alle gängigen Feilensysteme (außer dem Reciproc-System) verwendet werden. Der Hersteller spricht selbst neben einer Material- auch von einer Zeitersparnis, denn die sichere Entfernung von Debris, die Verbesserung der Kanalgängigkeit sowie der Erhalt des ursprünglichen Kanalverlaufs erfolgt bei einem deutlich geringeren Zeitaufwand. Da der Motor permanent rotierend arbeitet (bis der Feilendruck zu hoch ist), gestaltet sich der Aufbereitungsvorgang zügig. Dies ist ein zwar nachrangiger Aspekt, denn grundsätzlich sollte bei der endodontischen Behandlung weniger der Zeitaufwand, sondern vielmehr die Sicherung der Qualität im Vordergrund stehen16, 17. Gleichwohl stellt die Zeitersparnis bei gleichbleibender Qualität bekanntlich keinen negativen Aspekt dar. Aus Gründen der Qualitätssicherung empfiehlt es sich zudem, die Instrumente nach 6-maligem Gebrauch auszutauschen.

Fazit und Ausblick

In die aktuell dritte Gerätegeneration des Endomotors DentaPort TriAuto OTR wurde die sogenannte OTR-Funktion (Optimum Torque Reverse) integriert. Dieses Feature bietet den Vorteil, dass OTR im Gegensatz zu den bisher verfügbaren Geräten nur eine sehr kleine Winkeldrehung der Feile benötigt, um messtechnisch die aktuelle Belastung zu ermitteln. So kann man mit optimierten Drehwinkeln bei reduziertem Feilenbruchrisiko sowohl in Schneid- als auch in Rückdrehrichtung der Feile arbeiten.

Anatomische Gegebenheiten, richtige Indikationsstellung und ideales Equipment spielen für eine erfolgreiche endodontische Therapie eine wichtige Rolle. So sollten ein Mikroskop oder zumindest die Lupenbrille zur endodontischen Behandlung gehören – was bis heute noch nicht bei jedem endondontisch Tätigen Usus ist. Insbesondere die endodontische Revisionstherapie und die Fragmententfernung stellen nach wie vor große Herausforderungen in der Endodontie dar. Auch hier kann die Anwendung modernster Hilfsmittel helfen, die Arbeitsschritte zu optimieren. Bei der Wurzelkanalaufbereitung helfen innovative Systeme wie DentaPort ZX Set OTR dem Zahnmediziner dabei, die Anforderungen der Wurzelkanalbehandlung zu meistern.

Korrespondenzadresse:

Prof. Dr. Dr. h. c. Andrej M. Kielbassa
Zentrum für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie, Universität für Zahnmedizin, Danube Private University (DPU)
Steiner Landstraße 124
3500 Krems
Österreich

1Baldassari-Cruz, LA, Lilly, JP, Rivera, EM: The influence of dental operating microscope in locating the mesiolingual canal orifice. Oral Surg Oral Med Oral Pathol Oral Radiol Endod 2002; 93: 190

2Bargholz C, Hör D, Zirkel C: Praxisleitfaden Endodontie. 2006. ISBN-13: 978-3-437-05076-3

3Bergmans L, Van Cleynenbreugel J, Wevers M, Lambrechts P: Mechanical root canal preparation with NiTi rotary instruments: rationale, performance and safety. Status report for the American Journal of Dentistry. Am Dent J 2001; 14, 324-333

4Briseno M: Einfluss verschiedener Wurzelkanalinstrumente bzw. Aufbereitungstechniken auf die Präparation gekrümmter Wurzelkanäle. Endodontie 1992; 1: 279-290

5Byström A, Sundqvist G:  Bacteriologic evaluation of the efficacy of mechanical root canal instrumentation in endodontic therapy. Scand J Dent Res 1981; 89: 321-328

6Dietz DB, Di Fiore PM, Bahcall JK, Lautenschlager EP: 2000 Effect of rotational speed on breakage of nickel-titanium rotary files. J Endod. 2000, 26: 68-71

7Europäische Gesellschaft für Endodontologie: Qualitätsrichtlinien endodontischer Behandlungen. Endodontie 2006; 15: 387-401

8Gambarini G: Rationale for the use of low-torque endodontic motors in root canal instrumentation. Endod Dent Traumatol 2000; 16: 95-100

9Gambarini G: Cyclic fatigue of nickel-titanium rotary instruments after clinical use with low- and high-torque endodontic motors. J Endod. 2001; 27: 772-774

10Grande NM, Plotino G, Pecci R, Bedini R, Malagnino VA, Somma F: Cyclic fatigue resistance and three-diemsnional analysis of instruments from two nickel-titanium rotary systems. Int Endod J 2006; 39: 755-763

11Herstellerangaben, J. Morita Europe GmbH, Dietzenbach

12Kum KY, Spångberg L, Cha BY, II-Young J, Seung-Jong L, Chan-Young L: Shaping ability of three ProFile rotary instrumentation techniques in simulated resin root canals. J Endodont 2000; 26: 719-723

13Löst C, Wesselink PR, Winkler R: Grundlagen und Prinzipien moderner Endodontie. Endodontie 1992; 1: 7-18

14Peters LB: Präparation der endodontischen Zugangskavität und Darstellung der Kanäle. Teil I: Schneidezähne und Eckzähne. Endodontie 1992; 1: 57

15Peters LB: Präparation der endodontischen Zugangskavität und Darstellung der Kanäle. Teil II: Prämolaren. Endodontie 1992; 1: 141

16Peters LB: Präparation der endodontischen Zugangskavität und Darstellung der Kanäle. Teil III: Obere Molaren. Endodontie 1992; 1: 225

17Pruett JP, Clement DJ, Carnes DL: cyclic fatigue testing of nickeltitanium endodontic instruments. J Endodont 1997; 23: 77-85

18Schäfer E, Zapke K: Schäfer E, Zapke K: A comparative scanning electron microscopic investigation of the efficacy of manual and automated instrumentation of root canals. J Endodont 2000; 26: 660-4J Endod 2000; 26: 600-604

19Stellungnahme der DGZK und der DGZ: Wurzelkanalaufbereitung. Dtsch Zahnärztl Z 2000; 55: 719

20Weine FS, Kelly RF, Lio PJ: The effect of Preparation Procedures on original canal shape and on apical foramen shape; J Endodont 1975; 1: 255

21Yared GM, Bou Dagher FE, Machtou P, Kulkarni GK: Influence of rotational speed, torque and operator proficiency on failure of Greater Taper files. Int Endod J 2002; 35: 7-12

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